Curvy Model trotz Psoriasis: Marie-Luise Besenlehner im Interview

Marie-Luise Besenlehner

37 Jahre, kfm. Angestellte und Curvy Model, lebt in Baden bei Wien. Psoriasis bekam sie mit Anfang 20, die Psoriasis-Arthritis folgte zwei Jahre später.

PSO Magazin:Wie geht es Ihnen heute gesundheitlich?

Ich kann sagen, mir geht es sehr gut.

PSO Magazin:Wie war Ihr Weg mit Ihrer Erkrankung?

Mit Anfang 20 waren mir erste Pünktchen an den Ellenbogen aufgefallen. Diese sind dann immer größer geworden und ich ging zum Hautarzt. Der hatte zuerst ein Ekzem diagnostiziert und mir zusammengemischte Salben aus der Apotheke zur Pflege verschrieben. Da die Hautprobleme aber größer wurden, habe ich den Hautarzt gewechselt. Der neue Hautarzt hat die Psoriasis gleich erkannt und verschrieb Kortison-Salbe zu Beginn. Er fragte mich, ob es in meiner Familie Personen mit Psoriasis gäbe. Ich habe in der Familie herumgefragt, aber niemand konnte mir wirklich Auskunft darüber geben. Bei meiner Mutter war Neurodermitis bekannt, aber Schuppenflechte nicht. In einem späteren Gespräch erfuhr ich dann von meiner Tante, dass sie, als sie in Pension ging, Schuppenflechte bekam. Die Ärzte meinten, das sei eine Form des Pensionsschocks bei ihr. Somit war geklärt, wir hatten Schuppenflechte auch in der Familie.

Die Psoriasis nahm leider kontinuierlich zu. Die Stellen an den Ellenbogen breiteten sich auf die Unterarme aus, dazu kamen die Knie und diese furchtbar juckende Kopfhaut. Ich bekam UV-B-Bestrahlung. Das hat wirklich gut geholfen. Die Stellen wurden hellrot und weniger schuppig. Das war schön und ich traute mich auch wieder mehr raus. Die Zeit, in der die Schuppenflechte so schlimm war, war auch die Zeit, in der ich mich ein wenig isoliert hatte. Ich trug langärmelige Baumwollshirts und das im Hochsommer. Ins Freibad traute ich mich so nicht. Zwei Jahre später begannen plötzlich auftretende Probleme mit den Gelenken. Ich war inzwischen Mitte 20. Ich hatte extreme Morgensteifigkeit und die Finger und Handgelenke schmerzten. Auch das rechte Knie machte Beschwerden. Ich konnte kaum noch in der Früh aus dem ersten Stock hinuntergehen. Auch für meinen Beruf war das sehr schlimm. Oft bin ich schon eine Stunde früher aufgestanden und habe mir dann diese Stunde Zeit genommen, um zu schauen: Was tut heute besonders weh, was nicht. Ich habe auch die Jause (Frühstück) schon am Abend vorher vorbereitet, weil ich morgens wegen der Schmerzen nichts anfassen bzw. schneiden konnte. Besonders die beiden Ringfinger schwollen dick an. Ich hatte nicht verstanden, was für eine Krankheit ich da nun habe. Der Hautarzt hat dann Psoriasis-Arthritis diagnostiziert und mich zu einem Rheumatologen geschickt. Dass die Hauterscheinungen auf die Gelenke gehen können, konnte ich mir nicht vorstellen.

Ich habe mich dann informiert. Aber um ehrlich zu sein, ich hatte damit zu kämpfen, meine Erkrankung zu akzeptieren. Meine Lebensqualität wurde weniger durch die Morgensteifigkeit. Der Rheumatologe behandelte meine Psoriasis-Arthritis in der Akutphase mit der Kortison-Stufentherapie. Dabei bekommt man zuerst eine hohe Dosierung Kortison, die dann über Wochen stufenweise heruntergefahren wird. Man schluckt das Kortison als Tablette. Durch das Kortison kam es bei mir zu einer Gewichtszunahme. Das war wirklich eine schwere Zeit. Der Rheumatologe wechselte dann auf diverse neue Therapien, sogenannte Biologika, die ich zum Teil nicht vertrug oder die nichts halfen. Ich kann mich noch erinnern, als es an der Zeit war - nach einer Einschulungsphase beim Rheumatologen - mir selbst die erste Spritze zu verabreichen. Ich saß, glaube ich, fast eine Stunde da und zögerte. Als dann die Rede von einer Infusionstherapie im achtwöchigen Intervall war, wurde ich neugierig. Diese Infusionstherapie schlug alles, die Haut wurde besser, meine Gelenke waren wie geölt und alles war gut. Leider bildete mein Körper dann Antikörper gegen dieses Medikament und ich musste erneut neu eingestellt werden. Seither habe ich ein Biologikum, das ich mir alle vier bis fünf Wochen einmal selbst mittels Pen spritze. Die Handhabung damit ist sehr gut. Das Methotrexat (MTX), welches ich anfangs dazu einnahm, musste gänzlich abgesetzt werden, da ich es einfach nicht vertragen hatte. Mich plagte Übelkeit, auch auf die Gabe per Spritze kam keine Besserung und so setze man es ab. Diese Biologika-Mono-Therapie läuft bis heute und ich bin gut eingestellt. Vor kurzem benötigte ich eine Dosiserhöhung. Auf die Gelenke wirkt das Medikament sehr gut, für die Haut ist es nicht ganz so gut geeignet. Ich habe hinter den Ohren und auf der Kopfhaut Psoriasis-Stellen. Manchmal entwickelt sich auch etwas im Gesicht. Aber ich bin trotzdem sehr zufrieden, denn ich denke daran, wie schlecht es mir früher ging. Ich erinnere mich an eine Situation in der vollbesetzten S-Bahn. Ich konnte wegen der Gelenkschmerzen nicht stehen und mich festhalten. Deshalb bat ich einen jungen Mann, mich auf seinen Platz setzen zu dürfen. Er stand bereitwillig auf. Für ihn war das kein Problem. Aber ich habe mich alt gefühlt - und das mit Mitte 20.

Durch diese neue Biologika-Therapie kam die Lebensqualität wieder. Ich kann wieder vieles machen. Zwar bleiben meine Ringfinger immer ein bisschen mehr angeschwollen und sie sind die ersten, die sich melden, wenn es wieder Zeit für die nächste Spritze ist, aber das empfinde ich nicht als schlimm. Auch das rechte Knie macht manchmal Probleme. Trotzdem kann ich wieder kleinere Wanderungen unternehme. Wenn es notwendig ist, tape ich das Knie vorab zur Entlastung. Vor etwa einem Jahr habe ich sogar einmal versucht zu klettern. Aber das ist nichts für mich. Ich habe keine Kraft in den Fingern.

Insgesamt fühle ich mich sehr gut. Das wirkt sich auch auf mein Selbstbewusstsein und meine Ausstrahlung aus. Ich habe mich vor etwa vier Jahren auf den Aufruf einer Fotografin hin beworben, die in einem sozialen Netzwerk Curvy Models gesucht hat. Es hat geklappt und ich habe seitdem viel erlebt und viele Fotografen kennengelernt. Ich war auch auf dem Laufsteg und sogar bei einer Miss-Wahl mit dabei und habe auch bereits für ein paar Modedesigner gemodelt. Weil die Psoriasis auf der Kopfhaut und hinter den Ohren manchmal zu sehen ist und eben auch manchmal Stellen im Gesicht auftreten, war mir das anfangs vor Fotoshootings doch etwas unangenehm. Ich habe dann aber ganz offen mit den Make-Up-Artisten gesprochen und auch mit Modelkolleginnen. Es stellte sich heraus, dass sie keine Probleme damit hatten, oft kannten sie selbst sogar jemanden mit der gleichen Erkrankung. Die entsprechenden Stellen wurden manchmal einfach anders abgedeckt. Meine Erfahrung ist, dass es der beste Weg ist, mit den Menschen offen über die Schuppenflechte zu sprechen und gegebenenfalls zu erklären. Oft ist es die Angst vor dem Unbekannten und wenn man dann selbst Aufklärungsarbeit leistet, hat man dadurch ein gutes Gefühl. Man glaubt gar nicht, wie viele Menschen selbst von Psoriasis betroffen sind. Mir sieht man meine Erkrankung nicht mehr so stark an. Wenn ich wieder einen Schub auf der Kopfhaut oder hinter den Ohren habe, verdecke ich das mit meinen Haaren. Für Stellen im Gesicht nehme ich akut hin und wieder eine Kortison-Creme, wobei ich gerade dabei bin, eine neue Creme zu testen (ohne Kortison). Ich habe auch einen Lichtkamm für die Kopfhaut. Den sollte ich nur viel konsequenter verwenden.

Eine Nebenwirkung der Biologika sind häufigere Infektionen. Das Immunsystem wird unterdrückt und die Folge sind unter anderem mehr Anfälligkeiten für Erkältungen. Obwohl ich aufpasste, erwischte es mich auch, sogar Mittelohrentzündungen kamen hin und wieder vor. Letztes Jahr habe ich damit begonnen, vermehrt Sport zu betreiben. Hierbei kombiniere ich Kardio- und Krafttraining. Zudem achte ich auf eine ausgewogene Ernährung und vermeide Lebensmittel, die den Juckreiz fördern. Das sind bei mir zum Beispiel Erdnüsse. Abschließend kann ich sagen, dass es anfangs nicht einfach war, die Krankheit zu akzeptieren. Doch nun ein paar Jahre später und um einige Erfahrungen reicher, weiß ich: Mit der richtigen Einstellung schafft man alles. Auch wenn der Weg hart war, mir Steine in den Weg gelegt wurden, ich gab nie auf. Ich bin eine Kämpferin und hoffe, dass ich mit meinem Wissen und meiner Erfahrung anderen Menschen Mut machen kann und auch eine Hilfe sein kann.

 

PSO Magazin 1/20

 

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