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Die Psoriasis verläuft sehr individuell. Das PSO Magazin sprach mit Dirk Filter (56) aus Fiersbach im Westerwald. Die ersten Hauterscheinungen hatte er wahrscheinlich schon sehr früh, aber er hat ihnen keine Bedeutung beigemessen. Später kamen Gelenkprobleme dazu, dann noch viele typische Begleiterkrankungen. In sechs Rehas, die der gelernte Kfz-Mechaniker bisher bewilligt bekam, fand er mal mehr und mal weniger Unterstützung für seine gesundheitlichen Probleme.
Die Psoriasis an der Haut war nie mein Problem. Ich hatte ein paar Stellen als kleines Kind, aber nicht allzu lange. Vor etwa 25 Jahren – so etwa mit Anfang 30 – ging es dann wieder los. Aber auch da waren bloß Ellenbogen und Kopfhaut betroffen. Es war nie großflächig und schlimm bei mir. Die ziemlich gleichzeitig auftauchenden Probleme mit den Zehengelenken habe ich nicht ernst genommen. Zwar gab es neben den Schmerzen diese wurstförmigen Verdickungen, aber ich habe die Beschwerden auf die Stahlkappen meiner Sicherheitsschuhe geschoben. Ich war KFZ-Mechaniker und musste viel knien.
Ich ging von Orthopäden zu Rheumatologen. Aber die tun sich sehr schwer mit der Diagnose Psoriasis-Arthritis. Sie haben meine Schmerzen dann irgendwann auf die psychische Schiene geschoben. Ich bekam ein Schreiben, dass ich zu einer psychosomatischen Reha ins Saarland sollte. Ich war damit total überfordert. Ich wusste nicht, was Reha ist und was mich dort erwartet. Ich fuhr aber trotzdem hin. Ich habe dort Sport getrieben und hatte Werken. Gespräche gab es keine. Ich habe die fünf Wochen wie einen Urlaub genommen. Für meine Schmerzen hat es nichts gebracht.
Ich kam dann doch irgendwann zu einem Rheumatologen, der etwas mehr Ahnung hatte. Am Tag des Termins waren die Wurstzehen aber gerade abgeschwollen. Der Rheumatologe machte Röntgenbilder von den Händen und Füßen und äußerte den Verdacht, dass es eine Psoriasis-Arthritis sein könnte. Er stellte aber keine gesicherte Diagnose. Zur Behandlung bekam ich Sulfasalazin.
Ich ging dann zu einem Dermatologen. Der wollte die Gelenke gleich mitbehandeln und verschrieb mir Methotrexat (MTX). Unter dieser Behandlung habe ich enorm an Gewicht zugenommen. Zehn bis zwölf Kilogramm in zehn Wochen. Da haben wir das MTX wieder abgesetzt. Ich ging zurück zum Rheumatologen und der verschrieb mir wieder Sulfasalazin.
Dann wurde ich 1998 und 1999 jeweils an der Schulter operiert. Um das Gelenk wieder zu kräftigen, bekam ich im Jahr 2000 eine Reha bewilligt. Es war eine Einrichtung mit einer Orthopädie und auch einer Rheumatologie. Ich hatte aber nur Kontakt zu den Orthopäden. Der Schulter tat der Aufenthalt ganz gut. Die Schmerzen in den Zehengelenken blieben.
2011 riss mir eine Sehne an der Kniescheibe. Sie wurde wieder angenäht, aber ich hatte danach kein Gefühl mehr im Bein. Ich bekam eine Reha bewilligt und konnte sie ein halbes Jahr nach der OP antreten. Sie war ambulant. Das würde ich heute nicht wieder machen, denn es war mit sehr viel Stress verbunden. Ich bin selber Auto gefahren. Die Fahrtzeit betrug jeweils eine halbe Stunde. Der Tag war lang und man konnte sich nie wirklich zurückziehen. In den Ruheräumen war es so laut, dass man keine Erholung fand. Zudem gab es immer neue Ärztinnen und Ärzte, so dass keiner mich richtig kannte und niemand wusste, was Sache ist. Nach dem Wissen, das ich heute habe, denke ich, die Geschichte an der Schulter und auch der Sehnenriss können mit meiner Psoriasis-Arthritis zu tun gehabt haben.
2013 ging es dann extrem mit den Gelenken los. Ich hatte Schmerzen an den Füßen und den Handgelenken und es kam eine entzündete Achillessehne dazu. Auch die Hautstellen nahmen zu der Zeit zu. Betroffen waren die Ellenbogen, der Kopf, die Ohren und der Po-Bereich. Ich cremte mich fleißig mit Pflegelotion und Salben ein. Wieder war ich bei verschiedenen Rheumatologen und erhielt das Medikament Leflunomid. Aber die Schmerzen nahmen zu. 2017 bekam ich eine Einweisung in ein Rheumakrankenhaus. Dort blieb ich 17 Tage stationär. Danach stand die Diagnose Psoriasis-Arthritis zweifelsfrei fest. Ich bekam eine Reha als Anschlussheilbehandlung an den Aufenthalt im Akutkrankenhaus. Weil ich aber während des Krankenhausaufenthaltes schon Physiotherapie, Gruppentherapie und Solebäder bekommen hatte, hieß es, dass es diese Maßnahmen für mich während der Reha nicht mehr geben könne. Deshalb hatte ich in den drei Wochen fast nur noch Schulungen. Wegen der Psoriasis-Arthritis stellten wir aber einen Antrag auf Bewilligung eines Grades der Behinderung. Er wurde genehmigt und mit 30 eingestuft.
Von den Rheumatologen im Krankenhaus hatte ich Kortison in Tablettenform bekommen. Davon wurden die Schmerzen besser. Danach wurde ich umgestellt auf ein Biologikum mit dem Wirkstoff Adalimumab. Doch nach der dritten Spritze blieb mir quasi die Luft weg. Ich konnte mich überhaupt nicht mehr belasten. Mein Rheumatologe sagte mir, dass das normal sei, weil mein Immunsystem heruntergefahren wäre. Der Pneumologe erzählte mir, ich hätte nur noch ein Lungenvolumen von etwa 35 Prozent. Das Biologikum wurde sofort abgesetzt und ein anderes sollte ich auch nicht bekommen. Die Ärztinnen und Ärzte hielten eine Nebenwirkung des Biologikums für den Grund der Lungenprobleme. Die Lunge hat mittlerweile wieder ein Volumen von rund 40 Prozent erreicht. Dabei wird es aber wohl bleiben, meinen die Ärzte. Ich habe mich damit arrangiert.
Im Jahr 2021 hatte ich nochmal eine Reha wegen der Psoriasis-Arthritis beantragt. Die wurde aber abgelehnt. Ich legte Widerspruch ein. Im Januar 2022 hatte ich dann so starke Schmerzen, dass ich in ein Rheuma-Krankenhaus eingewiesen wurde. Anschließend bekam ich wieder eine Reha als Anschlussheilbehandlung, in der ich rheumatologisch und schmerzmedizinisch behandelt wurde. Ich habe alles mitgemacht: Bewegungsbad, Sole- und Schwefelbäder, Salbenbehandlungen, Krankengymnastik, Gruppengespräche, Schulungen. Ich wurde auch medikamentös eingestellt. Weil es der Haut ganz gut ging, bekam ich wieder Leflunomid. Es ging mir nach der Reha wirklich besser.
Als ich zuhause ankam, lag dort ein Schreiben von der Rentenversicherung, dass meinem Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid der Reha aus dem Jahr 2021 stattgegeben wurde. Ich konnte also noch eine Reha antreten und fuhr im Juni 2022 ein zweites Mal los. Ich entschied mich für dieselbe Klinik, in der ich schon im März 2022 gewesen war und habe dort wieder alle Angebote angenommen. Es war wieder alles sehr gut: aus ärztlicher Sicht, aus therapeutischer Sicht und aus sozialdienstlicher Sicht.
Eine Mitarbeiterin hat sich sehr für mich eingesetzt und mit mir einen Antrag auf Erhöhung des Grades der Behinderung sowie einen Antrag zur Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgefüllt. Dieses Mal wurde die Lunge in den Vordergrund gerückt. Der Antrag läuft noch. Ich bin aber zuversichtlich, dass er bewilligt wird. Ich darf zurzeit keine schweren Arbeiten verrichten und nur bis zu drei Stunden täglich und bei leichter Tätigkeit vier bis sechs Stunden am Tag arbeiten. Die Arbeit als KFZ-Mechaniker musste ich längst aufgeben. Ich habe dann als Lagerist wieder neu angefangen. Aber das erlauben die Ärzte jetzt auch nicht mehr. Ich muss mich also wieder umorientieren.
Über die Zeit sind bei mir eine ganze Reihe von Begleiterkrankungen aufgetaucht, die ich mit meinem Wissen inzwischen zweifelsfrei als Komorbiditäten der Psoriasis einordnen kann. Meine Erfahrung ist leider, dass Ärztinnen und Ärzte diese Zusammenhänge oft nicht kennen. Einen erhöhten Blutdruck habe ich schon seit 20 Jahren. Der ist aber gut eingestellt. Dazu ist aber inzwischen eine Fettleber hinzugekommen, ohne dass ich übermäßig esse oder Alkohol trinke. Dazu habe ich einen beginnenden Diabetes, eine beginnende Parodontitis, ein allgemeines Fatigue-Syndrom, Tinnitus und Nagelpsoriasis. Außerdem leide ich immer wieder an leichten depressiven Verstimmungen.
Bei meinen Rehas spielten diese Begleiterkrankungen meist keine Rolle. Sie haben in der Regel keinen interessiert. Auch unter den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, mit denen ich zu tun habe, wird der Zusammenhang mit der Psoriasis nicht hergestellt.
Die Schmerzen in meinen Gelenken sind tagesformabhängig. Einen kompletten Stillstand gibt es nicht. Ich kann eigentlich gut mit allem leben. Mir hilft es, dass ich durch die ehrenamtliche Arbeit beim Deutschen Psoriasis Bund mit anderen Betroffenen ins Gespräch kommen kann und auch anderen helfen kann. Das tut mir gut und ich bin zuversichtlich, dass ich alle Schwierigkeiten meistern werde.
Interview entnommen aus PSO Magazin 6-2022