"Ich bin Mitglied, weil man nur gemeinsam etwas erreichen kann."
Psoriasis verläuft sehr individuell. Das PSO Magazin sprach mit Hans Frank (70) aus Allmendingen in der Nähe von Ulm. Seine Psoriasis begleitet ihn, seit er zwölf Jahre alt ist. Er hat gelernt mit ihr zu leben.
Zuerst hatte ich kleine Punkte am ganzen Körper. In meinem Wohnort Allmendingen hatte ein Schwimmbad neu aufgemacht und man tippte nun, dass meine Hautreaktionen mit dem Chlorwasser zu tun haben könne. Man wusste fast nichts über die Psoriasis. Der Hausarzt überwies mich schnell nach Ulm zum Dermatologen. Der verschrieb mir Salben und Cremes. Morgens Salicylvaseline zum Abschuppen, abends Teer-Schwefelsalbe. Auch Kortison war dabei. Vielleicht auch noch anderes. Auf längere Sicht brachte alles aber nur unwesentliche Besserung.
Die Punkte am ganzen Körper wurden größer. Auch am Kopf war es schlimm. Jeden Morgen musste ich vor der Schule die Haare waschen. Das war ein ziemlicher Aufwand. Meine Eltern fuhren abwechselnd jeden Samstag mit mir nach Ulm in die dermatologische Praxis. Für mich war das ein Spaß. Wir hatten damals samstags noch Schule. Ich bekam also jeden Samstag schulfrei und meine Mutter oder mein Vater setzten sich mit mir in die Bahn und wir fuhren in die große Stadt.
Im zweiten Jahr der ziemlich erfolglosen Behandlung schickte mich der Dermatologe in die Hautklinik in Ulm. Ich blieb dort zwölf Wochen. Auch dort wurden Cremes und Salben geschmiert. Die Haut wurde glatter, aber ganz weg war die Psoriasis nicht. Und als mich der Alltag wieder hatte, ging es wieder los.
Es war dann sogar soweit gekommen, dass zwei Drittel meiner Haut betroffen waren, einschließlich des Kopfes. Das ist eine große Fläche. Der Juckreiz war wahnsinnig. Ich bekam Cremes und Tabletten dagegen. Ich nahm auch Ölbäder, damit meine Haut eingefettet war. Besonders schlimm war es im Sommer. Der Schweiß hat den Juckreiz noch verstärkt. Nachts habe ich mich blutig gekratzt.
Da habe ich durchmüssen. Was mir dabei geholfen hat, war, dass ich nie Probleme mit Mitschülern oder anderen Menschen hatte. Alle haben mich so akzeptiert, wie ich war. Ich führe das darauf zurück, dass ich im ländlichen Raum groß geworden bin. Alle kannten mich und wussten Bescheid. Ich spielte Fußball und war im Turnverein. Nur einmal nach einem Spiel unter der Gemeinschaftsdusche sagte ein Gegenspieler zu mir: „Wenn ich das hätte, würde ich hier nicht duschen.“ Daraufhin sagte einer meiner Mannschaftskameraden zu ihm: „Du kannst ja rausgehen, bis wir fertig sind.“ Ein bisschen später begann ich dann noch damit, Horn im Musikverein zu blasen. Das tue ich übrigens heute noch.
Manchmal fragte jemand. Dann habe ich ihm offen erklärt, was ich habe und dass es nicht ansteckend ist. 1967 – mit 15 Jahren – habe ich eine Lehre als Elektriker angefangen. Auch dort war ich dem Lehrmeister und den Kollegen gegenüber gleich offen. Auf dem Bau sind meine Schuppen außerdem auch nicht besonders aufgefallen. Da gab es immer so viel Staub und Dreck. 1972 ließ ich mich zum Kälteanlagenbauer für Kühlräume fortbilden. Anschließend war ich viel auf Montage. Auch da war meine Offenheit gegenüber den Kunden immer der richtige Weg.
Das Problem kam nach Feierabend im Hotel. Ein großes Tuch war mein ständiger Begleiter auf Reisen. Dort habe ich mich zum An- und Ausziehen draufgestellt, damit die Schuppen nicht alle auf den Fußboden rieseln. Ich hatte zusätzlich immer einen kleinen Akkustaubsauger dabei. Wenn es ganz schlimm war, habe ich im Hotel Bescheid gesagt, wie es in meinem Zimmer aussieht und warum. Das gab dann nie Ärger, alle waren verständnisvoll.
1971 habe ich meine Frau kennengelernt. Wir sind jetzt 45 Jahre verheiratet. Sie kennt mich gar nicht ohne Psoriasis und sie war über die ganzen Jahre eine große Hilfe und tolle Unterstützung.
Wenn ich wegen der Psoriasis doch mal in ein Loch gefallen war, hat sie mir da rausgeholfen. Und wenn ich mal wirklich die Schnauze voll hatte vom Eincremen, hat sie mich fürsorglich dazu bekommen, es doch wieder zu tun. Unsere Kinder sind 1980 und 1983 auf die Welt gekommen. Sie wurden schnell mit eingebunden und wussten, was der Papa hat. Ein Spaß war es immer, wenn ich mich auf den Boden gelegt habe. Sie haben dann auf mir drauf gesessen und mir die Beine eingecremt. Mit ihnen ins Freibad gegangen bin ich selten, aber manchmal auch. Dann habe ich auf der Liegewiese in der Sonne gelegen. Mit ins Wasser zu kommen, schien mir doch zu gewagt. Ich bin sehr glücklich, dass weder sie noch meine Enkel an Psoriasis erkrankt sind.
Mit meiner Psoriasis-Therapie wurde es zum ersten Mal besser, als so etwa 1977 die PUVA-Bestrahlung eingeführt wurde. Man schluckt eine Tablette, die die Haut lichtdurchlässiger macht und wird dann bestrahlt. Vier Wochen lang wurde ich in der Hautklinik in Ulm jeden Tag bestrahlt, danach ein halbes Jahr zweimal die Woche. Das hat gut geholfen, ich war ungefähr eineinhalb Jahre erscheinungsfrei. Dann ging es wieder los und wurde immer schlimmer.
So um 1984 ging es dann wieder los und wurde immer schlimmer. Ich weiß bis heute nicht, was da der Auslöser gewesen sein könnte. Frau, Kinder, Arbeit – alles hatte gepasst. 1986 hatte ich nur noch fünf Prozent gesunde Haut an meinem Körper, alles andere war eine Schuppenflechte. Ich war seit kurzem Mitglied im Deutschen Psoriasis Bund (DPB) geworden. Da hatte ich im PSO Magazin einen Artikel über die Klimabehandlung am Toten Meer gelesen. Mein Dermatologe ermunterte mich und so reichte ich bei meiner Krankenkasse einen Antrag auf Reha am Toten Meer ein. Dem wurde stattgegeben und ich fuhr hin.
Vom ersten Tag an in En Bokek ist etwas mit mir passiert. Ich habe festgestellt: Du bist nicht allein. Rund 4.000 Leute mit Psoriasis liefen da herum und badeten im Salzwasser. Ich bin total befreit von der Kur zurückgekommen. Nach einem halben Jahr kamen die Schuppen zwar zurück, aber es ging mir besser. Auch 1987 und 1988 bewilligte mir die Krankenkasse Kuren am Toten Meer. Vorher hatte ich schon zwei Reha-Maßnahmen in Deutschland durchgeführt, aber die hatten keinen so großen Effekt gehabt. Nach meinen Aufenthalten am Toten Meer hatte ich immer nur noch ein Drittel Befall an meinem Körper. Das war gegenüber den 95 Prozent von vorher eine riesige Erleichterung. Damit konnte ich leben. Ich habe gecremt und mir ein Bestrahlungsgerät für zuhause gekauft.
Durch meine Mitgliedschaft im DPB hatte ich inzwischen auch wahnsinnig viel über die Psoriasis gelernt. Ich besuchte Seminare und Workshops und bin auch schnell Regionalgruppenleiter in Ulm geworden. Das viele Wissen allein bringt aber noch nichts, man muss selber was tun. Ich habe Dr. Günther Schäfer, den Fumaderm-Papst, kennengelernt. Er war damals Vorsitzender des DPB und hatte sich viel mit Ernährung beschäftigt. Das hat mich angeregt, selbst zu schauen, was ich gut vertrage und was nicht. Bei mir verursachte damals alles, was mit Weintrauben zusammenhing, und verschiedene Gewürze eine Verschlechterung der Psoriasis. Ich bekam vor allem starken Juckreiz. Ich machte damals mehrere Diäten unter Aufsicht von Heilpraktikern. So fand ich heraus, was ich vertrage und was nicht. Meiner Meinung nach sollte das jeder für sich herausfinden.
Nach den Kuren am Toten Meer war ich die nächsten 17 Jahre noch vier Mal zur Reha in Deutschland, aber mäßigem Erfolg. 2005 wurde ich von meiner Dermatologin gefragt, ob ich an einer klinischen Studie zu einem damals neuen Biologikum teilnehmen wolle. Es war damals nur zur Behandlung der Psoriasis-Arthritis zugelassen, nicht aber für die Psoriasis an der Haut. Ich willigte ein und innerhalb eines Jahres war ich erscheinungsfrei. Wir beantragten bei der Krankenkasse, dass ich das Medikament weiternehmen dürfte, obwohl es ja noch nicht zugelassen war. Das wurde abgelehnt.
Als dann die ersten Flecken wiederkamen, hat die Dermatologin mich auf Fumaderm eingestellt. Das habe ich sehr gut vertragen und genommen, bis ich vor einem Jahr auf das zweite Medikament in dieser Wirkstoffgruppe mit dem Namen Skilarence gewechselt bin. Davon muss ich täglich nur eine Tablette nehmen. Ich habe noch zwei bis drei Stellen an den Ellenbogen, der rechten Wade und in der Pofalte. Die creme ich bei Bedarf mit Kortison oder einem Kombinationspräparat aus Calcipotriol und Kortison ein.
Das klappt prima und ist flexibel. Als nach meiner COVID-Erkrankung im letzten Frühjahr die Psoriasis wieder aufblühte, haben wir die Dosis einfach wieder etwas erhöht. Die Haut wurde wieder besser. Ich bin glücklich dabei.
Interview entnommen aus PSO Magazin 1-2023